Einleitend sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Ausschluss eines Schülers in der Regel erst nach Ausschöpfung aller Erziehungsmittel, die im § 8 der Verordnung über die Schulordnung erschöpfend aufgezählt sind, beschlossen werden soll. Über den Antrag entscheidet der Stadtschulrat für Wien.

Da § 2 SchUG die innere Ordnung des österreichischen Schulwesens als Gemeinschaft von Lehrern, Schülern und Erziehungsberechtigten regelt, kommt allen diesbezüglichen Bestimmungen besondere Bedeutung zu.

Wann kann ein Ausschluss beantragt werden?

Nach § 49 SchUG ist Voraussetzung, dass

  1. der Schüler seine Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln nach § 47 SchUG erfolglos bleibt oder
  2. das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung anderer Schüler hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt. (Dieser Tatbestand setzt kein wiederholtes Fehlverhalten des Schülers voraus.)

Die Pflichten des Schülers sind in den §§ 43 und 45 SchUG, im § 9 Schulpflichtgesetz, in der Verordnung über die Schulordnung und gegebenenfalls in der Hausordnung der Schule enthalten.

An allgemeinbildenden Pflichtschulen ist ein Antrag auf Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung anderer Schüler hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt. Ein Ausschluss aufgrund einer schwerwiegenden Verletzung von Schülerpflichten (wie z.B. häufig unentschuldigtes Fernbleiben) ist bei Schülern an allgemeinbildenden Pflichtschulen gesetzlich nicht vorgesehen.

 

Verfahrensablauf

  1. Verständigungspflicht der Schule nach § 48 SchUG: Bei Vorliegen des Verdachtes einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder der dauernden Gefährdung anderer Schüler durch das Verhalten eines Schülers, hat der Klassenvorstand oder der Schulleiter mit dem betroffenen Schüler und dessen Erziehungsberechtigten über den zugrundeliegenden Sachverhalt ein Gespräch zu führen. Empfohlen wird, den schulpsychologischen Dienst in dieses Gespräch einzubinden, wenn die Erziehungsberechtigten damit einverstanden sind. Sollte sich dabei ergeben, dass die Erziehungsberechtigten ihre Pflichten offenbar nicht erfüllen, hat der Schulleiter dies dem zuständigen Jugendwohlfahrsträger mitzuteilen. In Wien ist dies das Amt für Jugend und Familie (MA 11 mit den jeweiligen Bezirksstellen).
  2. Allfällige Suspendierung: Bei Gefahr im Verzug (z.B. Handel mit Suchtgift, absichtliche schwere Körperver- letzung) ist unverzüglich der Stadtschulrat für Wien (schulführende Abteilung) zu verständigen. Dieser hat in einem solchen Fall die Suspendierung für höchstens vier Wochen auszu- sprechen. Während der Suspendierung ist der Schüler berechtigt, sich über den durchgenommenen Lehrstoff regelmäßig zu informieren (§ 49 Abs. 3 SchUG).
  3. Einberufung der Schulkonferenz: Wurde der die Pflichtverletzung begründende Sachverhalt sorgfältig ermittelt und erscheinen die Voraussetzungen für einen Antrag auf Ausschluss des Schülers gegeben, ist vom Schulleiter die Schulkonferenz (Abteilungskonferenz) zur Beschlussfassung darüber einzuberufen.

Zu dieser Konferenz sind zu laden:

  • Der betroffene Schüler und seine Erziehungsberechtigten (§ 49 Abs. 2 SchUG)
  • Die Vertreter der Schüler im Schulgemeinschaftsausschuss (§57 Abs. 11 SchUG + §59 SchUG))
  • Die Vertreter der Erziehungsberechtigten im Schulgemeinschaftsausschuss (§ 61 Abs. 2 Z. 2 lit.b SchUG)
  • Alle Lehrer der Schule (§ 57 SchUG)
  • Auf Antrag des Schulsprechers auch der Klassensprecher der Klasse des betroffenen Schülers. (Dieser darf an der Abstimmung aber nicht teilnehmen.)

Da der betroffene Schüler und die Erziehungsberechtigten ein Recht auf Stellungnahme vor der Schulkonferenz haben und den Eltern- und Schülervertretern durch Teilnahme an den Beratungen und Abstimmungen in der Lehrerkonferenz ein Mitentscheidungsrecht zusteht (§ 57 Abs. 11 SchUG), haben die Ladungen zur Schulkonferenz so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Geladenen Gelegenheit zur Vorbereitung und Termindisposition haben..

  1. Recht auf Stellungnahme: Sowohl dem Schüler (und zwar ohne Rücksicht auf sein Alter) als auch den Erziehungs- berechtigten des Schülers ist in der Schulkonferenz (Abteilungskonferenz), die den Antrag auf Ausschluss eines Schülers behandelt, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auf deren Wunsch kann eine solche Stellungnahme aber auch nur gegenüber dem Schulleiter abgegeben werden, der diese sodann in der Disziplinarkonferenz mitzuteilen hat.
  2. Beratung und Abstimmung: Die Schulkonferenz (Abteilungskonferenz) hat nach Beratung und Abwägung der für und gegen den Ausschluss sprechenden Gründe bei Vorliegen der unter Punkt I genannten Voraussetzungen einen Antrag auf Ausschluss des Schülers an den Stadtschulrat für Wien (zuständige pädagogische Abteilung) zu stellen. Bei der Entscheidung über den Antrag kommt auch den SGA-Mitgliedern, die die Schüler und Erziehungsberechtigten vertreten, ein Mitentscheidungsrecht zu, das sie durch Teilnahme an den Beratungen und Abstimmungen ausüben. (§ 57 Abs. 11 SchUG). Der Antrag ist ausführlich zu begründen. Der dem Antrag zugrunde liegende Sachverhalt sowie alle Beweise für das Vorliegen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder dauernden Gefährdung müssen aus der Begründung klar ersichtlich sein, ebenso die bisher angewandten Erziehungsmittel, und ob bereits eine Androhung des Ausschlusses durch die Schulkonferenz nach § 47 Abs. 2 SchUG erfolgte. Über den Verlauf der Konferenz, die Antragstellung und die Abstimmung ist ein Protokoll zu führen. Gleichzeitig mit der Übersendung des beschlossenen Antrags der Schulkonferenz auf Ausschluss eines Schülers an den Stadtschulrat für Wien ist den Erziehungsberechtigten des betroffenen Schülers, bei dessen Volljährigkeit dem Schüler selbst, eine Zweitschrift dieses Antrages zuzustellen.

 

Maßnahmen des Stadtschulrates für Wien

Der Stadtschulrat für Wien hat nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens, für das die Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechtes gelten, folgende Möglichkeiten der Entscheidung.

  1. Ausschluss des Schülers: Bei Vorliegen aller Voraussetzungen nach Punkt I ist der Ausschluss mit Bescheid auszusprechen. Der Ausschluss kann sich auf eine Schule oder auf alle Schulen in einem näher zu bestimmenden Umkreis erstrecken. An allgemeinbildenden Pflichtschulen ist der Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers eine dauernde Gefährdung anderer Schüler hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt.
  2. Beendigung des Ausschlussverfahrens Liegen die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht vor, ist die Beendigung des Ausschlussverfahrens festzustellen.
  3. Zusätzliche Maßnahmen: Zugleich mit der Feststellung der Beendigung des Ausschlussverfahrens kann dem Schüler eine Rüge erteilt, oder eine Maßnahme nach § 47 Abs. 2 SchUG (Versetzung in eine Parallelklasse) angeordnet werden, wenn sein Verhalten den Ausschluss nicht begründet, er aber sonst gegen seine Pflicht verstoßen hat.

 

Rechtsmittel

Gegen den vom Stadtschulrat für Wien mit Bescheid verfügten Ausschluss ist eine Berufung an die Schulbehörde zweiter Instanz (BMUkA) zulässig.

 

Weitere Möglichkeiten, den Ausschlussbescheid einzuschränken oder aufzuheben

Der Ausschluss kann von jener Schulbehörde, die ihn rechtskräftig ausgesprochen hat, auf Antrag des Schülers eingeschränkt oder aufgehoben werden, wenn und soweit die Gründe für seine Verhängung wegfallen oder der Sicherungszweck auf andere Weise erreicht werden kann (§ 49 Abs. 8 SchUG).

 

Folgen des Ausschlusses

Im Falle eines Ausschlusses ist die Aufnahme in eine Schule, auf die sich der Ausschluss erstreckt, weder als ordentlicher noch als außerordentlicher Schüler zulässig. Die Zulassung zu einer Externistenprüfung wird davon nicht berührt.

 

Organisatorische Hilfe

Die beigelegte Check-Liste dient dem Schulleiter zur Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensbestimmungen im Anlassfall. Sie ist ausgefüllt dem Antrag an den Stadtschulrat für Wien beizulegen.

 

Androhung des Ausschlusses eines Schülers/einer Schülerin nach § 47 Abs. 2 SchUG

Wenn die Voraussetzungen für den Antrag auf Ausschluss eines Schülers nicht vorliegen und die Androhung des Ausschlusses als notwendige Maßnahme ergriffen werden muss, gelten die in Punkt. II angeführten Bestimmungen über Einberufung, Recht auf Stellungnahme sowie Beratung und Abstimmung analog.

 

Information über Schulinitiativen zum Erlassthema

Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Erlass wird auf die Initiative einiger AHS hingewiesen, die zur Unterstützung, Entlastung und Vorbereitung der Schulkonferenz in Disziplinarangelegenheiten ein Disziplinarkomitee eingerichtet haben. Komiteemitglieder sind in diesen Fällen der Direktor der Schule, der jeweilige Klassenvorstand und Vertreter der Schüler, Lehrer und Erziehungsberechtigten. Ihre Aufgabe ist es, im Anlassfall den Sach- verhalt zu klären, Konflikte zu schlichten, Wiedergutmachungsmöglichkeiten zu erörtern, der eventuell einzuberufenden Schulkonferenz die Ergebnisse ihrer Arbeit vorzulegen und ihr schulpartnerschaftlich abgesprochene Vorschläge zu unterbreiten. Für die Androhung der Stellung eines Antrages auf Ausschluss eines Schülers (§ 47 Abs. 2 SchUG) und den Antrag auf Ausschluss eines Schülers (§ 49 SchUG) ist aber in jedem Fall die Schulkon-ferenz zuständig. Dieser Erlass ist nachweislich allen Lehrerinnen und Lehrern zur Kenntnis zu bringen. Je eine Ausfertigung (Kopie) ist den Vertreterinnen und Vertretern der Schüler und der Erziehungsberechtigten im Schulgemeinschaftsausschuss und dem Elternverein auszu- händigen.

 

 [ Checkliste ]